Zum 500-jährigen Jubiläum erscheint die Serie ‚Neustart 1525 in Zürich‘. Es geht um die erste Erwachsenentaufe und den mutigen Beginn der Täuferbewegung.

Wie einfache Leute die Bibel für sich entdeckten
In den 1520er-Jahren traf sich in Zürich eine Gruppe Menschen regelmäßig zum Bibellesen. Kein pompöser Kirchenraum, kein offizieller Priester – nur ein Buchhändler namens Andreas Castelberger und eine wachsende Schar interessierter Männer. Diese Treffen waren der Anfang einer Bewegung, die später als Täuferbewegung bekannt wurde.

Die Bibel für alle
Andreas Castelberger war Buchhändler und von der Bibel überzeugt. In seinem Haus versammelten sich Menschen aus allen Schichten: Handwerker, Bauern, Bürger. Anders als Zwinglis Lesekreis, der vor allem für Gelehrte und Reiche war, stand Castelbergers Gruppe jedem offen.
Man las zusammen die Bibel, besonders den Römerbrief, und fragte sich: Was bedeutet das für unser Leben? Wie sollen wir als Christen handeln? Es ging nicht um komplizierte Theologie, sondern darum, Gottes Wort zu verstehen und zu leben.

Kein Platz für Hierarchien
Im Castelberger Lesekreis war jeder gleich. Es gab keinen Priester, der sagte, was richtig ist. Stattdessen hörten alle gemeinsam auf die Bibel. Manche übernahmen die Rolle des Lehrers, aber nur, weil die anderen sie darum baten.
Das gefiel nicht jedem. Viele fanden es verdächtig, dass einfache Leute sich außerhalb der Kirche trafen und über Glaubensfragen redeten. Castelberger wurde verspottet: „Leutpriester ohne Kirche“, nannte man ihn.

Ein Kreis, der wuchs
Die Treffen wurden immer beliebter. Die Menschen liebten die offene Atmosphäre und den Austausch. Sie wollten die Bibel nicht nur hören, sondern selbst lesen und verstehen.
Für viele Teilnehmer war klar: Was die Kirche lehrte, passte oft nicht zur Bibel. Sie wollten zurück zu den Ursprüngen, zu dem, was sie im Neuen Testament lasen.

Der Anfang der Täuferbewegung
Unter den Teilnehmern waren spätere Anführer der Täuferbewegung: Conrad Grebel, Felix Manz, Ludwig Hätzer. Sie waren überzeugt, dass der Glaube nicht von Traditionen abhängen durfte, sondern allein von Gottes Wort.
Ein Kirchenhistoriker schrieb später: „In diesem Kreis begann das Täufertum in Zürich.“
„In diesem Kreis begann das Täufertum in Zürich.“ Gerhard Goeters (1926 - 1996)

Ausblick
In diesem Lesekreis entstand die Vision einer neuen Kirche. Doch wie wurde diese Idee umgesetzt? Die nächste Folge beleuchtet die entscheidenden Gespräche und Entscheidungen.
Weitere Folge:
Im Herbst 2024 reiste ich mit meiner Frau nach Zürich, um die Täuferbewegung hautnah zu erleben. Dank Barbara Hutzl-Ronges packender Führung wurden die dramatischen Ereignisse lebendig. Herzlichen Dank!
Führung von Barbara Hutzl-Ronge: Wie die Täuferbewegung in Zürich entstand
Buch von Barbara Hutzl-Ronge: Zürich, Spaziergänge durch 500 Jahre überraschende Stadtgeschichten, AT Verlag, 2019, 392 Seiten
Verwendete Quellen: Eifriger als Zwingli; Die frühe Täuferbewegung in der Schweiz von Andrea Strübind, Dunker & Humbold, 2022, 617 Seiten
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