Neustart 1525 Zürich | Das symbolische Wurstessen 1/6
- Andreas Tissen
- 10. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Feb.
Zum 500-jährigen Jubiläum erscheint die Serie ‚Neustart 1525 in Zürich‘. Es geht um die erste Erwachsenentaufe und den mutigen Beginn der Täuferbewegung.

Neustart 1525 Zürich | Das symbolische Wurstessen 1/6
Ein Mahl, das Geschichte schrieb
Es war der erste Sonntag der Fastenzeit im Jahr 1522. In Zürich herrschte strenges Fastengebot: Kein Fleisch, keine Butter, kein Schmalz. Doch im Haus des Druckers Christoph Froschauer wurde an diesem Tag genau das aufgetischt, was verboten war.

Eine Mahlzeit mit Ansage
Am Tisch saßen angesehene Bürger und einige Geistliche. Es gab Fasnachtschüechli – dünne Teigfladen, in Schweineschmalz ausgebacken. Allein das war schon ein Skandal. Doch es ging weiter. Elsa Froschauer, Christophs Frau, servierte Schüblige. Das sind Würste aus geräuchertem Fleisch. Sie kochte die Würste, und Christoph schnitt sie in Stücke. Jeder Gast zog sein Messer, spießte ein Stück auf und aß es.

Ein Protest gegen alte Regeln
Das war mehr als ein Essen. Es war ein öffentliches Zeichen. Die Teilnehmer wollten zeigen, dass sie nicht an Menschengebote gebunden waren. Sie folgten der Bibel, nicht kirchlichen Traditionen. Für sie war das Fastengebot nicht Gottes Wort, sondern eine Regel, die Menschen gemacht hatten.
"Ich und meine Leute werden von Getreidebrei allein nicht satt." Christoph Froschauer (1490 – 1564)
Christoph Froschauer erklärte später: „Ich und meine Leute werden von Getreidebrei allein nicht satt.“ Fisch war teuer, Fleisch praktischer. Für ihn war die Sache erledigt. Doch die anderen Gäste sahen es anders.

Der Beginn einer Bewegung
Unter den Gästen waren Männer, die später die Täuferbewegung anführten. Sie wollten zurück zur Bibel, zurück zu den Prinzipien der Urgemeinde. Für sie war die Aktion keine Rebellion, sondern ein Zeichen: Sie wollten ein Leben führen, das allein Gottes Wort gehorchte.
Das Wurstessen war ein Wendepunkt. Es zeigte, dass die reformatorischen Gedanken nicht nur Worte blieben. Sie wurden gelebt – auch mit einem Stück Wurst in der Hand.

Ausblick
Wie kam es, dass dieser Kreis so bedeutend wurde? In der nächsten Folge werfen wir einen Blick auf den Castelberger Lesekreis – eine Gruppe, die die Bibel ins Zentrum stellte und neue Wege ging.
Weitere Folgen zu:
Im Herbst 2024 reiste ich mit meiner Frau nach Zürich, um die Täuferbewegung hautnah zu erleben. Dank Barbara Hutzl-Ronges packender Führung wurden die dramatischen Ereignisse lebendig. Herzlichen Dank!
Führung von Barbara Hutzl-Ronge: Wie die Täuferbewegung in Zürich entstand
Buch von Barbara Hutzl-Ronge: Zürich, Spaziergänge durch 500 Jahre überraschende Stadtgeschichten, AT Verlag, 2019, 392 Seiten
Verwendete Quellen: Eifriger als Zwingli; Die frühe Täuferbewegung in der Schweiz von Andrea Strübind, Dunker & Humbold, 2022, 617 Seiten
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