
Seit 2017 arbeitet der polnische Verein Lapidaria daran, vergessene Friedhöfe in Pommern und Kujawien zu erforschen. Diese Friedhöfe wurden früher über einige 100 Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von deutschen, meist evangelischen und zum Teil auch von mennonitischen Siedlern genutzt.

Nach dem Krieg verwilderten diese, nun nicht mehr gebrauchten, Friedhöfe, die Vegetation überwucherte die Orte. Nun soll in Polen das multireligiöse Erbe wieder sichtbar werden. Diese Friedhöfe sind die einzigen Spuren einer früheren religiösen und ethnischen Vielfalt in der Kulturlandschaft.
Zuerst müssen die Friedhöfe gereinigt, von der Vegetation befreit werden. Soweit es möglich ist, werden Grabsteine ausgegraben, restauriert und neu aufgestellt. Über Bild und die Angabe der Inschriften wird jeder Grabstein dokumentiert. Jeder Friedhof wird beschrieben und die historischen Zusammenhänge erklärt. Über 500 von 1760 Friedhöfen sind bisher inventarisiert.
Lokale Organisationen und Gruppen, auch Schulklassen werden bei diesen Arbeiten beteiligt, mit dem Ziel diesen Teil der Geschichte im allgemeinen Bewusstsein zu verankern. In den Schulen wird zu diesem Thema unterrichtet, aber auch auf akademischer Ebene ist der Verein durch Konferenzen und wissenschaftliche Publikationen aktiv.
Ein Friedhof ist nicht nur ein Ort der Bestattung, sondern auch ein Denkmal mit Schätzen der Architektur und Grabkunst. Die Inschriften haben einen besonderen literarischen Wert und geben Zeugnis über das Leben, Denken und den Glauben der hier bestatteten Menschen. Dafür versucht der Verein zu sensibilisieren.

Aktuell ist der Verein auf dem großen Friedhof von Przechówko aktiv. Bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts war es der Friedhof der Mennonitengemeinde Przechówko. Nachdem die Mennoniten größtenteils nach Südrussland ausgewandert waren, haben sich viel Lutheraner in dem Dorf niedergelassen und dann auch diesen Friedhof genutzt. Einige der Grabsteine waren überwuchert und von Erdreich bedeckt. Nach und nach werden die Steine aufgestellt und die vielfach zerstörten Betoneinfassungen der Gräber wieder zusammengefügt.

Interessant ist, dass hier eine Reihe von Grabsteinen aus dem 18. Jahrhundert freigelegt wurden. Im Gegensatz zu den bekannten Mennonitenfriedhöfen im Weichselgebiet sind hier die Grabsteine deutlich älter und einfacher gestaltet. Auf den bekannten Friedhöfen sind es hauptsächlich von Steinmetzen kunstvoll gestaltete hohe Steine, die älteren meist aus dem 19. Jahrhundert. In Przechówko sind es rohe Feldsteine, in die mit einfachen Mitteln ein Text eingemeißelt wurde.

Neben einer Förderung des Vereins durch amerikanische und niederländische Mennoniten, hat auch der MAP Lapidarium im Jahr 2024 unterstützt.
Im September 2024 besuchte ich den Friedhof Przechówko. Einige Bilder vermitteln einen Eindruck.


Comments