Jakob Wilhelm Siemens (1885–1940)
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Aktualisiert: vor 5 Tagen

Jakob Wilhelm Siemens (geb. 1885 in Rosenfeld/Chortitza; gest. 1940 in Filadelfia, Paraguay) zählt zu den mennonitischen Führungspersönlichkeiten, die in einer Zeit extremer Umbrüche Verantwortung übernahmen: zuerst in der Sowjetunion in der Phase der Kollektivierung, dann als Organisator einer Fluchtbewegung und schließlich als Kolonie-Leiter in Paraguay.
Herkunft und Prägung
Siemens stammte aus dem Umfeld der Kolonie Chortitza, in der Gemeindeleben, Selbstverwaltung und wirtschaftliche Kooperation traditionell eng miteinander verbunden waren. Diese Prägung – Verantwortung im Dienst der Gemeinschaft zu übernehmen – zieht sich durch seine späteren Lebensstationen.
Verdienste in Schumanowka: Verantwortung in der Kollektivierungszeit
Als sich Schumanowka Anfang 1929 zu einem Kollektiv zusammenschloss, wurde Jakob Siemens zum Leiter/Vorsitzenden der Kolchose bestimmt. Der zeitnah überlieferte Bericht betont, dass das Kollektiv als „Musterkollektiv“ galt.
Sein Verdienst in dieser Phase lag weniger in „politischer Anpassung“, sondern vor allem darin, dass er unter äußerem Druck:
Ordnung und Arbeitsfähigkeit der Dorfgemeinschaft stabilisierte,
die Lebensgrundlage (Versorgung, Arbeitsorganisation) möglichst sicherte,
und eine Rolle übernahm, die für viele mit Risiko verbunden war, weil Leitungspersonen besonders im Blick von Behörden standen.
Verdienste bei der Flucht 1930: Schutz, Zusammenhalt, Führung
In den Berichten zur Flucht über den Amur (17. Dezember 1930) erscheint Siemens als zentrale Koordinationsfigur. Er wird ausdrücklich als Leiter der Schumanowka-Flüchtlingsgruppe genannt.
Sein Verdienst für die Gemeinschaft bestand hier vor allem in:
Organisation gemeinsamer Entscheidungen (Beratungen, Wahl/Bestätigung als Gruppenführer),
Disziplin und Zusammenhalt in einer Ausnahmesituation,
und praktischer Führung nach der Ankunft in China, als Abordnungen entsandt wurden, um Aufenthaltsfragen/Weiterreise zu klären.
Gerade in Fluchtsituationen entscheidet Führung oft darüber, ob eine Gruppe zerfällt oder gemeinsam handlungsfähig bleibt – die Quellen zeigen Siemens als einen, der diese Handlungsfähigkeit mittrug.
Verdienste in China/Harbin: Repräsentation und Übergang in geordnete Verhältnisse
In der Überlieferung wird Siemens zudem als Leiter der größeren „Harbiner Gruppe“ genannt. In dieser Rolle war er nicht nur Organisator, sondern auch Repräsentant der Gruppe nach außen – wichtig, um in der Fremde als Gemeinschaft ernst genommen zu werden und geordnete Weiterwanderung zu ermöglichen.
Verdienste in Paraguay: Aufbau von Fernheim und Dienst in der Selbstverwaltung
Nach der Ansiedlung in Paraguay übernahm Siemens erneut Führungsverantwortung: Er wird für die Jahre 1934–1938 als Oberschulze der Kolonie Fernheim genannt und zudem als MCC-Vertreter bis 1940.

Hier liegt ein weiterer Kern seiner Verdienste:
Stärkung der mennonitischen Selbstverwaltung in einer Aufbaukolonie (Ordnung, Verwaltung, Koordination),
Vermittlung nach außen (Kontakt- und Vertrauensperson im Verhältnis zu Hilfswerken/Partnern),
Beteiligung an der Bewältigung innerer Spannungen der Kolonie (u. a. durch dokumentierte Korrespondenz als Oberschulze).
Tod
Jakob Wilhelm Siemens starb 28. Dezember 1940 in Filadelfia/Fernheim.
Quellenangaben:
Menonitica (Lexikon/Online): „Siemens, Jakob Wilhelm“ (biografische Kerndaten; Rolle Schumanowka/Harbin; Oberschulze; MCC).
Abram J. Löwen: Mein Leben sei ein Wandern (PDF; Fluchtüberlieferung/Siemens als Gruppenführer).
AmurNews / „Дважды два“ (02.09.2017): Schumanowka/Kollektivierung; Jak(o)b Siemens als Leiter erwähnt.
Амурская правда (08.02.2015): Bericht zur Flucht über den Amur; Siemens im Kontext Schumanowka/Flucht.
Jahrbuch (Verein für Geschichte und Kultur / Menonitica-Auszug): Angaben zu Oberschulze 1934–1938 und MCC-Vertreter bis 1940.
Menonitica – Jahrbuch 2001: Hinweis auf Brief „Oberschulze Siemens an Walter Quiring“, 05.10.1937.
Mennonite Life (Bethel College), Juni 1991 (PDF): Schreiben vom 29.09.1937, unterzeichnet u. a. von Oberschulze Jacob Siemens.
Journal of Mennonite Studies (PDF): Parallelbeleg zum 29.09.1937-Schreiben / Unterzeichner.
No Lasting Home (Yumpu): Foto „Orie Miller and Jacob Siemens … Filadelfia, 1937“ (Bildlegende).
Mennonite Heritage Archives (Bestandseintrag): Fotoangabe mit „Oberschulze Jacob Siemens“.




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