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AutorenbildKlaus Klaassen

07. Oktober 1948 Erste Transport von Mennoniten nach Uruguay

Aktualisiert: vor 21 Stunden



Deutschland

Am 07. Oktober 1948 lichtete die SS Volendam ihre Anker und verließ um 12 Uhr Mittags den Hafen von Bremerhaven. An Bord befanden sich 1.693 Flüchtlinge, die voller Erwartungen einer neuen Zukunft und Heimat entgegensahen.


Nicht alle 1.693 Flüchtlinge an Bord der Volendam wollten nach Uruguay. Unter ihnen befanden sich 115 Personen, die sich einer hutterischen Kolonie in Paraguay anschließen wollten. Ebenso gab es eine Gruppe von Mennoniten aus Russland, die Paraguay als Reiseziel hatten.


Nach Uruguay reisten die anderen 751 Passagiere. Diese Gruppe setzte sich nicht nur aus Flüchtlingen aus Ost- und Westpreußen zusammen. Es waren darunter auch 82 mennonitische Vertriebene aus Deutsch-Kazun, Deutsch-Wymischle und aus der Gegend von Warschau. Auch waren in dieser Gruppe 110 galizische Mennoniten, ein Teil der Lemberger Gemeinde. Vor den Danzigern Mennoniten kamen 286 aus den Flüchtlingslagern in Dänemark; die übrigen, meist "Familiensplitter" waren in der letzten Zeit in Westdeutschland gewesen.


Es handelte sich also um eine bunt zusammengesetzte Reisegesellschaft, die Peter J. Dyck und seine Frau Elfriede als Transportleiter begleiteten. Trotz der verschiedenen geografischen Hintergründe aus denen die einzelnen Gruppen kamen, gab es auch dem Schiff doch eine einheitliche Gemeinschaft.


Nicht nur die Transportleiter waren für die Betreuung der Mitreisenden verantwortlich. Bereits am Vormittag des 8. Oktober fand eine Versammlung aller Prediger statt. Bei dieser Versammlung wurde ein Plan für die Gottesdienste auf der Reise entworfen. „Jeden Abend waren für die Passagiere an drei Stellen des Schiffes Abendandachten; dazu kamen auch die im Krankenrevier.


Auch an die Bedürfnisse der Kinder war gedacht worden. Für die Schulkinder wurden Unterrichtsstunden eingerichtet. In der Freizeit benutzten sie eifrig die Schaukeln, die am Deck angemacht wurden. Ein mit vielem Spielzeug, mit Puppen und Schaukeln ausgestatteter Kindergarten stand unseren Kleinsten zur Verfügung.


Auf der Seereise war immer genug zu tun. Die Arbeit war eingeteilt und besonders die erwachsene Jugend wurde aufgefordert, sich zu betätigen.


Das Leben an Bord brachte für die Flüchtlinge viel Neues mit sich: Ein Reisender berichtet: „Das Essen war sehr gut, und wir hatten sehr viel Bequemlichkeiten, was uns wieder ganz neu war nach der Internierung in den dänischen Lagern. Am Tage hielten wir uns auf Deck auf oder in den Gesellschaftsräumen, die mit Polstermöbeln sehr schön ausgestattet waren, und wir fühlten uns nach dreieinhalb Jahren Flüchtlingsleben wieder als Menschen, die nicht rechtlos waren, wie wir es als Flüchtlinge jahrelang erlebt hatten."


Eines Abends, am Sonntag, den 17. Oktober, wurde von Br. Peter Dyck eine Kleiderspende angekündigt, die dann auch am nächsten Tag begann: „Die rechte Seite des Promenadendecks wurde für den Durchgangsverkehr gesperrt. Säcke auf Säcke, Ballen auf Ballen, Kisten auf Kisten wurden aus dem Schiffsinnern heraufgebracht, geöffnet und der Inhalt auf Tischen und Bänken verteilt und übersichtlich geordnet. Und dann wurden die Namen aufgerufen: Einmal ging es in alphabetischer Reihenfolge, dann nach Altersstufen, dann wieder kamen Gronauer, Danziger, Dänemarker, Lemberger oder Hutterer, oder es wurden die Eltern der Kleinkinder geordnet gerufen. Nach diesem Verteilungsplan, den die lieben Geschwister Dyck ausgedacht und durchgeführt haben, wurde ein jeder von den 1.700 eingekleidet, und noch mehr als das. Viele Tage hindurch wurde vom Morgen bis zum späten Abend unter Aufsicht unserer Geschwister Dyck ausgesucht und angepasst! Über dieses große Geschenk haben sich die Flüchtlinge sehr gefreut.


In den letzten Tagen der Seereise wurden Vorbereitungen für die so lang ersehnte Ansiedlung in der neuen Heimat getroffen. Alle die, welche in Uruguay bleiben wollten, wurden in 7 Dorfgemeinschaften eingeteilt. Mittelpunkt war immer ein Prediger. Für jedes Dorf wurde sofort oder teilweise auch später ein Dorfschulze gewählt. Zum Oberschulzen für alle Dörfer wurde Br. G. W. Dück, aus der Gemeinde Steegnerwerdee gewählt. Je näher das Schiff seinem Ziele kam, desto eingehender beschäftigten sich die Reisenden mit ihrer Zukunft im neuen Land. Dazu war an Bord ja genügend Zeit.


Am 27. Oktober 1948 um 6 Uhr Morgens endete diese besondere Fahrt mit der Ankunft in dem Hafen von Montevideo.

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