Das Buch aus dem Kloster
- Andreas Tissen
- 18. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Im 18. Jahrhundert entstand in Pennsylvania ein besonderes Werk: der deutsche Märtyrerspiegel. Er wurde im Kloster Ephrata(USA) gedruckt – und für viele ist er heute „das Buch aus dem Kloster“.
Ein großes Anliegen
Um 1745 baten die Mennoniten die Brüder und Schwestern im Ephrata-Kloster um Hilfe. Sie wollten den Märtyrerspiegel von Thieleman J. van Braght, in deutscher Sprache haben.
Dieses Buch erzählte die Geschichten von Männern und Frauen, die für ihren Glauben leiden und sterben mussten.
Die Mennoniten selbst hatten keine Druckerei. Aber im Kloster Ephrata gab es alles: eine Papiermühle, eine Druckerei, Buchbinder – und einen Gelehrten, der übersetzen konnte.

Sie trugen weiße Gewänder
Die Mennoniten lebten mit ihren Familien auf Bauernhöfen. Sie trugen einfache Kleidung, lehnten Klosterleben ab und wollten in Ruhe nach der Bibel leben.
Die Ephrata-Brüder und -Schwestern lebten strenger: Sie trugen weiße Gewänder, hielten den Sabbat am Samstag und führten ein klosterähnliches Leben.
Trotz dieser Unterschiede verband sie etwas: Beide waren Täufer. Sie glaubten an die Taufe von Erwachsenen, lehnten Gewalt ab und hielten Abstand vom Staat.
„Lieber will ich sterben, als meinen Herrn verleugnen.“ Dirk Willems, 1569 im Märtyrerspiegel

Die Arbeit am Buch
Unter der Leitung von Peter Miller begann ein gewaltiges Projekt:
Übersetzung: Miller übertrug den niederländischen Text ins Deutsche.
Papier: Über 5 Tonnen Leinen wurden zerkleinert und zu einer halben Million Bögen geschöpft.
Druck: Mit einer hölzernen Presse druckten die Brüder 1.512 Seiten pro Exemplar. Dafür brauchten sie hunderte Gallonen selbstgemachter Tinte.
Bindung: Jedes Buch wog fast 6 Kilogramm. Es wurde auf Leinenfäden genäht, in Leder gebunden und mit Metall verstärkt.
Drei Jahre lang arbeiteten die Brüder und Schwestern fast ohne Pause. Die Presse knarrte, Kerzen flackerten, und Blatt für Blatt entstand ein Werk, das für Generationen wichtig werden sollte.

Das Ergebnis
Um 1748/49 war es geschafft: Etwa 1.300 Exemplare des deutschen Märtyrerspiegels waren fertig.
Es war das größte Buch, das im kolonialen Amerika je gedruckt wurde.
Familien stellten sie neben ihre Bibel. Für viele wurde der Märtyrerspiegel über Generationen hinweg ein zweites wichtiges Buch – ein Zeichen für die Erinnerung an Glaubenstreue und Standhaftigkeit ihrer Vorfahren.
„Christus hat gelitten; darum sollen auch wir leiden, die wir seine Glieder sind.“– Worte des Tiroler Täufers Leonhard Schiemer vor seiner Hinrichtung, Märtyrerspiegel

Die Bedeutung
Der Märtyrerspiegel aus Ephrata – das „Buch aus dem Kloster“ – hatte über 1.500 Seiten. Die Mönche stellten das Papier her, druckten die Seiten und banden die schweren Bücher in ihrer eigenen Werkstatt. Heute erinnert er nicht nur an die Geschichte der Täufer, sondern auch daran, dass er im einzigen Kloster mit täuferischem Hintergrund entstand.
„Die Schrift ist uns genug, und durch sie wollen wir uns leiten lassen.“– Michael Sattler (1527) aus seiner Verteidigungsrede vor dem Gericht in Rottenburg, Märtyrerspiegel
Quellen/ weitere Informationen:
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