Beemster-Polder: Meilenstein im Wasserbau mit mennonitischer Unterstützung
- Klaus Klaassen
- 19. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Der Beemster-Polder, gelegen in der Provinz Nordholland, ist eines der frühesten und bedeutendsten Beispiele für großflächige Trockenlegung in den Niederlanden. Zwischen 1607 und 1612 wurde der ehemalige Beemster-See, ein durch Torfabbau entstandenes Binnengewässer, mithilfe von 43 Windmühlen trockengelegt.

Der neu gewonnene Polder wurde in einem streng geometrischen Raster aus Parzellen, Wegen und Kanälen angelegt – ein Ausdruck des humanistischen und rationalistischen Weltbildes der Zeit.

Das Projekt war teuer, technisch anspruchsvoll und mit hohem Risiko verbunden. Es wurde deshalb von einem Konsortium privater Investoren getragen – darunter auffällig viele mennonitische Kaufleute und Unternehmer aus Amsterdam und Haarlem. Durch dieses Projekt entstand eine Fläche von ca. 70 Quadratkilometer fruchtbares, fettes Weideland. Dieses war eine gute Voraussetzung für die neuen Siedler, darunter auch viele Mennoniten.

Mennoniten als Investoren und Organisatoren
Mennoniten waren im 17. Jahrhundert in den Handelsstädten Amsterdam, Hoorn und Haarlem stark vertreten. Sie verfügten trotz religiöser Diskriminierung über bedeutendes Kapital, gute ökonomische Netzwerke und praktisches Wissen in den Bereichen Landwirtschaft, Wasserbau und Mühlenbetrieb.
Zu den mennonitischen Investoren im Beemsterprojekt zählten u. a.:
Dirck Jansz. Graeff, ein Amsterdamer Kaufmann und Bürgermeister, dessen Familie mennonitischen Ursprungs war

Pieter Dircksz. Hasselaer, ebenfalls aus einer mennonitisch geprägten Familie, war stark in der Organisation von Landgewinnungsprojekten involviert
Weitere Namen aus dem Umfeld der Doopsgezinden (mennonitische Gemeinden) lassen sich unter den frühen Parzellenkäufern nachweisen
Diese Investoren beteiligten sich nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch – etwa in den „Bewindhebbern“, den Verwaltungsgremien, die über die Parzellierung, Entwässerung und Wartung des Polders entschieden.
Technische und soziale Kompetenz
Neben dem Kapital und der Organisation brachten die Mennoniten auch praktisches Wissen ein:
Viele mennonitische Familien waren mit dem Betrieb von Windmühlen vertraut – einer Schlüsseltechnologie zur Trockenlegung
Sie hatten Erfahrung mit Polderwirtschaft, da sie in früheren Projekten wie dem Zijpe- oder Schermerpolder tätig waren
Ihre religiöse Gemeinschaftsstruktur – geprägt durch Selbstverwaltung, Disziplin und Kooperation – spiegelte sich in der kollektiven Bewirtschaftung des neuen Polders wider

Soziale Aufstiegsmöglichkeiten trotz Ausschlusses
Da die Mennoniten in politischen und kirchlichen Ämtern weitgehend ausgeschlossen blieben, bot ihnen der Beemster-Polder eine alternative Form gesellschaftlicher Teilhabe und Einflussnahme. Der Erwerb von Land bedeutete nicht nur ökonomische Sicherheit, sondern auch Prestige – ohne sich in die offiziellen Machtstrukturen integrieren zu müssen.

Außerdem war der Beemster-Polder religiös relativ tolerant: viele der frühen Bewohner gehörten zu den Doopsgezinden (Taufgesinnten) oder anderen nichtreformierten Gruppen. Insofern wurde der Polder auch zu einem Ort relativer religiöser Autonomie.
Die Beteiligung der Mennoniten am Beemster-Polder war ein Paradebeispiel für ihren Einfluss auf die niederländische Wasserwirtschaft. Trotz gesellschaftlicher Ausgrenzung prägten sie durch Investitionskraft, technisches Know-how und organisatorisches Geschick ein Schlüsselprojekt der niederländischen Landschaftsveränderung mit.

Der Beemster steht heute nicht nur als UNESCO-Weltkulturerbe für den Triumph menschlicher Ingenieurskunst über das Wasser, sondern auch für die stille, aber wirkungsvolle Rolle einer religiösen Minderheit in einem der ehrgeizigsten Projekte der niederländischen Geschichte.
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