13. August 1727: Gründung der Herrnhuther Brüdergemeine
- Klaus Klaassen
- vor 2 Tagen
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Die Gründung der Herrnhuther Brüdergemeine am 13. August 1727 stellt einen Wendepunkt in der Geschichte pietistischer und täuferischer Glaubensgemeinschaften dar.
Am 13. August 1727 kam es in der kleinen sächsischen Ortschaft Herrnhut zu einem Ereignis, das tief in die Geschichte des Protestantismus einging. An diesem Tag erlebten die Bewohner der jungen Siedlung eine geistliche Erneuerung, die später als die "Geburtsstunde der Herrnhuther Brüdergemeine" gilt. Dieses Datum markierte nicht nur die Konsolidierung einer verfolgten Glaubensgemeinschaft, sondern legte den Grundstein für eine weltweite Missionsbewegung.
Hintergrund: Flucht und Zuflucht
Die Wurzeln der Herrnhuther Brüdergemeine reichen bis zu den Unitas Fratrum (Böhmische Brüder) des 15. Jahrhunderts zurück – einer Reformbewegung, die stark von Jan Hus geprägt war und viele Parallelen zu täuferischen Überzeugungen trug: Betonung der persönlichen Glaubensentscheidung, Ablehnung staatlicher Bevormundung in Glaubensfragen, schlichte Lebensführung und Gemeindeleben nach neutestamentlichem Vorbild.

Nach der Niederlage der Protestanten in der Schlacht am Weißen Berg (1620) wurden die Böhmischen Brüder und andere evangelische Gruppen im Habsburgerreich brutal verfolgt. Viele gingen ins Exil, andere lebten im Untergrund.
Im frühen 18. Jahrhundert fanden mehrere dieser Glaubensflüchtlinge – insbesondere aus Mähren – Schutz auf dem Gut des jungen sächsischen Adligen Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. Er gewährte ihnen auf seinem Land Asyl und erlaubte die Gründung einer Siedlung, die den programmatischen Namen Herrnhut („unter des Herrn Hut“) erhielt.

Spannungen und Suche nach Einheit
Die Anfangsjahre in Herrnhut waren keineswegs konfliktfrei. Menschen aus unterschiedlichen Regionen und mit verschiedenen religiösen Prägungen lebten dort zusammen:
mährische Exulanten mit Wurzeln in der Böhmischen Brüderkirche
lutherische Pietisten
andere von Erweckungsbewegungen beeinflusste Christen
Unterschiedliche Lehrmeinungen führten zu Spannungen. Zinzendorf, selbst vom Hallenser Pietismus geprägt, nahm sich dieser Streitigkeiten an. Er führte Bibelstunden, Gesprächskreise und eine verbindliche Gemeindeordnung ein, um das Zusammenleben auf geistlicher Grundlage zu stabilisieren.
Der 13. August 1727 – „Erneuerung der Brüderunität“
Am 13. August 1727 versammelte sich die Gemeinschaft in der Berthelsdorfer Kirche, dem Nachbarort von Herrnhut, zu einem Abendmahlsgottesdienst. Augenzeugen berichten von einer außergewöhnlichen geistlichen Erfahrung:
Die zuvor verfeindeten Gruppen versöhnten sich
Es entstand ein starkes Empfinden von Einheit und Liebe
Viele sprachen von einer spürbaren Gegenwart Gottes, die alle Herzen ergriff
Dieser Tag gilt als die geistliche Wiedergeburt der Gemeinschaft. Zinzendorf selbst sah darin die Erneuerung der alten Brüderkirche und nannte es später den Beginn eines „wahren apostolischen Lebens“.
Früchte dieser Erneuerung
Nach dem 13. August 1727 begann in Herrnhut eine Phase intensiver geistlicher Aktivität:
Tägliche Bibelstunden und gemeinsames Gebet wurden eingeführt
Ab dem 27. August 1727 begann die berühmte 24-Stunden-Gebetskette, die über 100 Jahre lang ununterbrochen fortgeführt wurde
1732 begann die Herrnhuther Brüdergemeine mit einer bis dahin einzigartigen Weltmission – die ersten Missionare reisten nach Dänisch-Westindien (heute U.S. Virgin Islands)

Die Brüdergemeine verband pietistische Frömmigkeit mit täuferisch anmutender Gemeindestruktur: Sie war eigenständig organisiert, legte Wert auf persönliche Bekehrung, praktizierte Gemeindezucht und lebte in enger Gemeinschaft.
Bedeutung und Vermächtnis
Die Gründung bzw. Erneuerung am 13. August 1727 wird heute weltweit in der Evangelischen Brüder-Unität gefeiert. Herrnhut blieb nicht nur geistliches Zentrum, sondern wurde auch bekannt für:
die Losungen (tägliche Bibelworte, seit 1731 herausgegeben)
den Herrnhuter Stern als Symbol des Weihnachtsfestes
ein ausgedehntes Netz an Missionsstationen auf allen Kontinenten
Die Brüdergemeine ist ein Bindeglied zwischen Reformation, Pietismus und täuferischer Tradition – ein Beispiel dafür, wie verfolgte Minderheiten neue geistliche Bewegungen hervorbringen können.
Zusammenfassung
Der 13. August 1727 steht in der Kirchengeschichte für Versöhnung, geistliche Erneuerung und den Beginn einer weltweiten Bewegung. Aus einer kleinen Flüchtlingssiedlung entstand eine missionarisch geprägte Glaubensgemeinschaft, die bis heute besteht – und deren Wurzeln tief im Erbe der Täufer, Hussiten und Reformatoren liegen.
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