04. Oktober: Ende der Marburger Religionsgespräche
- Redaktion
- 4. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Okt.

Das Marburger Religionsgespräch war ein entscheidendes Ereignis in der Frühzeit der Reformation. Vom 27. September bis zum 4. Oktober 1529 trafen sich führende Reformatoren der Zeit auf Einladung des Landgrafen Philipp von Hessen im Schloss zu Marburg.

Ziel war es, die tiefen Spaltungen innerhalb der reformatorischen Bewegung zu überwinden und eine gemeinsame theologische Grundlage zu schaffen – insbesondere zwischen den Anhängern Martin Luthers und Ulrich Zwinglis.
Historischer Hintergrund
Nach der Reformation in Wittenberg (1517) verbreiteten sich reformatorische Ideen schnell über das Heilige Römische Reich hinaus. Doch schon bald zeigte sich, dass die Bewegung keineswegs einheitlich war. Während Luther die Gegenwart Christi im Abendmahl realistisch verstand („Das ist mein Leib“), sah Zwingli das Abendmahl symbolisch, als Gedächtnis an das Opfer Christi.

Diese Differenzen drohten, die reformatorischen Kräfte zu spalten – eine Gefahr, die besonders der politisch kluge Landgraf Philipp von Hessen sah. Angesichts der katholischen Bedrohung durch Kaiser Karl V. suchte Philipp eine theologische Einigung, um die protestantischen Fürsten und Theologen zu einer gemeinsamen Front zusammenzuführen.
Die Teilnehmer
Anwesend waren unter anderem:
Martin Luther und Philipp Melanchthon (Wittenberg),
Ulrich Zwingli und Johannes Oekolampad (Basel),
Martin Bucer (Straßburg),
Justus Jonas, Andreas Osiander und weitere Theologen.
Verlauf und Diskussion
Die Gespräche konzentrierten sich auf 15 zentrale Glaubensartikel, die sogenannten Marburger Artikel. In 14 Punkten konnte Einigkeit erzielt werden – etwa in der Lehre von der Dreieinigkeit, der Erbsünde, der Rechtfertigung durch den Glauben und der Bedeutung der Taufe.
Der 15. Artikel, der das Abendmahl betraf, führte jedoch zum entscheidenden Bruch.
Luther beharrte auf der realen Gegenwart Christi im Brot und Wein: „Hoc est corpus meum“ – „Dies ist mein Leib“. Für ihn war Christus substantiell gegenwärtig, auch wenn das Mysterium nicht rational erklärbar sei.
Zwingli hingegen verstand das Abendmahl symbolisch: Christus sei geistlich, aber nicht leiblich anwesend. Der Empfang des Brotes sei eine Erinnerung und ein Glaubensbekenntnis, kein reales Empfangen des Leibes Christi.

Trotz intensiver Debatten blieb dieser Punkt unüberbrückbar. Luther soll am Ende mit Kreide auf den Tisch geschrieben haben: „Hoc est corpus meum“ – als Ausdruck seines unverrückbaren Standpunkts.
Die 15 Marburger Artikel
Die 15 Marburger Artikel stellten den Versuch dar, eine gemeinsame Grundlage der Reformation zu formulieren. Die wichtigsten Punkte waren:
Einigkeit über Gott und Christus – Bekenntnis zur Dreieinigkeit und zur Gottheit Christi.
Die Erbsünde – alle Menschen sind von Natur aus sündig.
Die Rechtfertigung – allein durch den Glauben an Christus.4.–14. Fragen des Glaubenslebens und der Sakramente – insbesondere Taufe, Buße, Predigtamt und Obrigkeit.
Das Abendmahl – hier blieb der Dissens bestehen.
Diese Artikel zeigen, dass es trotz der Uneinigkeit in der Eucharistiefrage weitreichende Übereinstimmungen gab. Sie gelten als Vorläufer späterer Bekenntnisschriften und wurden teils in reformatorischen Bünden rezipiert.
Auswirkungen auf die Täuferbewegung
Das Marburger Religionsgespräch hatte auch indirekte Folgen für die Täuferbewegung, die sich zu dieser Zeit im Reich und in der Schweiz ausbreitete.
Die Täufer, die radikalere Konsequenzen aus der Reformation zogen – etwa die Forderung nach Gläubigentaufe, Trennung von Kirche und Staat und Gewaltlosigkeit –, wurden weder von Luther noch von Zwingli als legitime Vertreter des Evangeliums anerkannt.
Das Gespräch in Marburg machte deutlich, dass sowohl die lutherische als auch die reformierte Richtung eine mächtige theologische Mitte bilden wollten, die sich gegen Rom auf der einen und gegen die Täufer auf der anderen Seite abgrenzte.
So kam es, dass die Täufer in den folgenden Jahren zunehmend verfolgt wurden – nicht nur von katholischen, sondern auch von protestantischen Obrigkeiten. Das Marburger Religionsgespräch kann daher auch als der Anfang gesehen werden, in dem sich die reformatorischen Parteien von den sogenannten "Wiedertäufern" distanzierten.
Einige Täufer sahen darin den Verrat an der ursprünglichen reformatorischen Freiheit. Die Spaltung der Reformation in eine staatlich gestützte und freikirchliche Richtungen wurde dadurch weiter vertieft.
Fazit
Das Marburger Religionsgespräch von 1529 war ein Wendepunkt in der Geschichte der Reformation. Obwohl die Einheit in der Abendmahlsfrage nicht erreicht wurde, schuf das Treffen durch die 15 Marburger Artikel eine theologische Grundlage, die spätere protestantische Kooperationen erleichterte.
Für die Täuferbewegung jedoch war Marburg ein Zeichen der Ausgrenzung. Während Luther und Zwingli um eine Einigung im Rahmen der Obrigkeit bemüht waren, wurden die Täufer zunehmend an den Rand gedrängt.
So steht das Marburger Religionsgespräch zugleich für den Anspruch der Einheit und für die die konfessionelle Spaltung innerhalb der Reformation – eine Spaltung, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart reichen.
Quellen und Informationen:
Kommentare